Studentenbeiträge

Studieren mit Depressionen und Bulimie – move on!

Regennasses Mädchen mit verschmiertem Liedschatten zum Thema Studieren mit Bulimie und Despression
Geschrieben von Pusteblume

Bulimie und Depression im Studium.

Manchmal steht man morgens auf und nicht nur der Himmel, sondern auch alles andere ist einfach grau. Man denkt an den Tag und hat schon keine Lust mehr, sich überhaupt aus dem Bett zu rollen. Die Tage hat jeder mal, vor allem wenn unangenehme Termine bevorstehen oder die Sonne den 15. Tag in Folge einfach nicht durch die Wolken kommt.

Vor ein paar Jahren ging es mir jeden Morgen so

Abends wenn ich ins Bett ging, habe ich geheult bei dem Gedanken daran, am nächsten Tag aufstehen und in die Schule gehen zu müssen. Mit fremden Menschen sprechen zu müssen. Termine einhalten zu müssen. Einfach ein normales Leben zu leben. Einer meiner häufigsten Gedanken war, einfach mit allem Schluss zu machen. Dass ich möglicherweise eine schöne Zukunft haben könnte, dachte ich eh nie. Also einfach in die Badewanne und Adern aufschneiden oder mit Papas Hammer den Kopf einschlagen.

Schnell, vielleicht nicht ganz so sauber, aber bestimmt effektiv. Mit der Zeit bemerkte ich, dass ich damit nicht nur mein Leben versaute, sondern auch das meiner Familie und Freunde, die sich mit ansehen mussten, wie es mir immer schlechter ging. Ich wies mich selbst ein. Nach sechs Wochen harter Arbeit an mir und meiner Einstellung ging es mir so gut, dass ich entlassen werden konnte und eine ambulante Therapie machte, die ich nach kurzer Zeit auch beendete.

Ich wusste genau, dass ich nicht geheilt war

Schließlich litt ich nicht nur unter Depressionen, ich hatte auch Magersucht, die langsam aber sicher in Bulimie umschlug. Eine Zeit lang ging es mir gut und ich kam ohne Therapie oder ähnliches aus. Dann wurde die Bulimie schlimmer, ich machte mich deswegen fertig und mein Selbstbewusstsein änderte seinen Status von gering zu nicht existent.

Mittlerweile war ich zu Hause und lebte in einer WG. Ob einer von meinen Mitbewohnern etwas von meinen fast täglichen Fress-Kotz-Einlagen mitbekommen hat, weiß ich nicht. Es hat nie jemand etwas gesagt. Durch die Therapie, die ich wieder aufnahm, fing es an, mir besser zu gehen. Mein Selbstbewusstsein wurde wieder größer und die Anfälle seltener.

Doch mein Studium litt genauso wie während der Bulimie. Es ist verdammt zeitintensiv, sich riesige Mengen Essen in den Körper zu schaufeln und wieder zu erbrechen. Und es ist verdammt zeitintensiv, dagegen anzukämpfen. Es ist verdammt schwierig, mit den wöchentlichen Rückschlägen klar zu kommen.

Viele Leute reden ungern über ihre Probleme aus Angst nicht verstanden oder ausgegrenzt zu werden. Meine Erfahrung ist eher, dass es niemanden interessiert, es niemand wissen will, weil es eklig und anstrengend ist. Man möchte die Probleme seiner Mitmenschen nicht kennen, weil man sich um seine eigenen kümmert.

Ich wohne jetzt mit meinem Freund zusammen, der von meiner Bulimie und dem Rest der Geschichte kennt. Er weiß, dass ich ab und zu (zwischenzeitlich auch mehrmals wöchentlich) die Schränke plünder oder mir extra etwas kaufe, um es in mich reinzufressen und wieder auszukotzen. Er guckt nicht weg, er findet mich nicht widerlich und er sagt auch nie, dass er nichts davon hören will.

Er unterstützt mich – auch mit Depressionen und Bulimie

Auch jetzt wo ich merke, dass meine Depressionen zurückkommen und ich es öfter nicht schaffe, die Wohnung zu verlassen und zur Universität zu fahren. Es nicht schaffe, alles zu erledigen, was ich schaffen wollte und davon niedergeschmettert bin. Das hilft ungemein. Jemand der einem sagt, dass das alles nur halb so schlimm ist und das auch wieder andere Zeiten kommen. Der einem klar macht, dass man jetzt nicht aufgeben darf, nur weil es Rückschläge gibt. Das man seine Therapie durchziehen muss, auch wenn sie anstrengend und manchmal einfach scheiße ist.

Ich bin im vierten Semester. Ich habe bisher jede Prüfung bestanden und mein Pflichtpraktikum mit guter Bewertung abgeschlossen. Und ich bin verdammt stolz auf mich. Was ich damit eigentlich sagen will: Egal was für Probleme du hast, mögen sie anderen vielleicht auch irrelevant erscheinen, zieh dein Ding durch, auch wenn du manchmal Niederlagen einstecken musst. Es ist nicht wichtig, ob andere deine Leistung anerkennen, du tust es für dich. Sei stolz auf dich selbst und such dir am besten jemanden, der dich unterstützt und den du unterstützt. Das Leben ist nicht leicht, aber wenn du deine Träume aufgibst, wird es nicht einfacher, nur sinnloser.

In dem Sinne: Move on!

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Bild: reinekaos, cc

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Pusteblume

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