Medizinstudenten Studentenbeiträge

Teilstudienplatz Medizin – Fluch und Segen

Teilstudienplatz Medizin: Arzt sitzt am Schreibtisch mit Utensilien
Geschrieben von Anna W.

…wie der Titel schon sagt, würde ich euch gern etwas über meine Erfahrungen zum Thema Teilstudienplätze im Fach Medizin erzählen. Vielleicht für einige, die sich jetzt fragen „was’n das?“ ein paar erklärende Worte. Teilstudienplätze gibt es im Studienfach Medizin an ein paar Unis in Deutschland. Es handelt sich dabei um einen „Studienplatz, beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt“. Auf gut Deutsch: In der Vorklinik (1.-4. Semester) hat man seinen Studienplatz und wird nach dem Bestehen des Physikums (oder auf Schlau der „ersten Staatsprüfung“) exmatrikuliert und hat kein Anrecht darauf, dass man ohne Probleme in der Klinik weiter studieren kann.

So weit so gut

Ich selbst habe mich nach meinem Abitur probiert, auf die raren Plätze in der Medizin zu bewerben. Das scheint unmöglich, wenn unter dem Abiturzeugnis nicht mindestens 1,2 oder noch besser 1,0 oder so etwas in der Größenordnung steht. (Nur so zur Info: das stand bei mir nicht, obwohl mein Abi auch nicht schlecht war mit 1,5)
Nach den ersten Bewerbungen und den damit verbundenen Absagen, hatte ich mich erst einmal etwas anders orientiert und meiner zweiten Leidenschaft (Physik und Mathe) nachgeeifert und studiert. Schnell habe ich gemerkt, dass das dann doch nichts für mich ist und mich dann zum Sommersemester 2015 erneut auf einen Platz in der Medizin beworben.

Und erneut ohne Erfolg

Aber ich war mir sicher, dass der Beruf Arzt für mich genau das richtig ist, also beschloss ich, den „harten“ Weg zu gehen und die 5 oder 6 Jahre (heutzutage sind es ja schon 7) zu warten. Da ich aber mein anderes Studium schon geschmissen hatte und sonst nicht wusste, was ich machen sollte, begann ich ein halbjähriges Praktikum in einer Klinik (wofür ich heute sehr dankbar bin, weil ich es mir als Pflegepraktikum anrechnen lassen konnte). Nebenbei habe ich mich auch für eine Ausbildung als Krankenschwester beworben und auch zum September 2015 einen Platz bekommen. Warten schön und gut, aber wenn, dann auch nebenbei wenigstens etwas fachnahes tun und Geld verdienen.

Im September habe ich dann meine Ausbildung begonnen und anfangs war ich auch relativ zufrieden damit. Wenn schon kein Arzt, dann wenigstens etwas Vergleichbares. Und so hatte ich mich auf den Weg des Wartens gemacht, aber es trotzdem zum Wintersemester 15/16 noch einmal versucht, mich auf einen Platz in der Medizin zu bewerben. Dabei hatte ich bei der „Wartezeitquote“ auch angegeben, dass ich, wenn es sich ergibt, auch an Unis gehen würde, die ich nicht als meine Wunschunis angegeben hatte. Und das war mein Glück.

Endlich Medizin studieren?

Ich saß gerade in einer Pause in einem Kurs meiner Ausbildung und checkte meine Mails. „Email von Hochschulstart“ – Ja okay, ist die nächste Absage. Aber nein, es war eine Zulassung beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt in Göttingen. Wow. Damit hätte ich nicht gerechnet. Zulassung. Wahnsinn. Endlich Medizin studieren können. Das schien so unglaublich. Nur diese Anmerkung, dass es nur auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkt war, irritierte mich etwas. Ich hatte keine Ahnung, was das heißen sollte.

Zu Hause machte ich mich darüber schlau, rief verschiedene Leute in der Studienberatung an und auf einmal war wieder alles auf 0. Ernüchternd musste ich feststellen, dass es schwierig war, sich einen „Vollstudienplatz“ zu ergattern, dass ich nach dem Physikum exmatrikuliert werden würde und dann nur ein wenn überhaupt halb fertiger Arzt wäre. Wollte ich das? Wollte ich meine ganzen Sicherheiten, die ich mir geschaffen hatte, jetzt einfach so weg werfen und noch einmal von vorne anfangen?

Ich weiß noch ganz genau, dass meine Mutter und ich die Entscheidung so lange herausgezögert haben, wie es ging. Wir haben hin und her diskutiert und sie hatte genauso viel Angst, wie ich, dass ich mir damit erneut Steine in den Weg legen würde. Aber sie sagte mir auch (und dafür bin ich ihr heute sehr sehr dankbar), dass sie, egal, wie ich mich entscheiden würde, immer hinter mir stehen werde. Der Abend endete damit, dass ich aufgestanden bin und zu meiner Mutter gesagt habe: „Mama, ich will Ärztin werden!“ und damit war die Entscheidung gefallen.

Nochmal bei 0 anfangen

Ich habe innerhalb von einer Woche mein Leben, so, wie ich es kannte, über Bord geworfen und noch einmal von 0 angefangen. Und aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass es die richtige Entscheidung war. Ich habe meine Ausbildung gekündigt, bin an dem Wochenende nach Göttingen gefahren, habe meine ganzen Unterlagen dort eingereicht und habe mich auf die Suche nach einer Wohnung gemacht, denn in einer Woche begannen die Vorlesungen. Mit ein wenig Hilfe meiner Mutter hatte ich schon im November eine Wohnung und ich musste nur einen Monat pendeln (das war möglich, da ich damals eine direkte Verbindung nach Göttingen hatte und unser Semesterticket diesen Bereich abdeckte. Ich musste nur jeden Tag vier Stunden Zug fahren).

Okay, dann hatte ich eine Wohnung, ein paar nette Leute kennengelernt und das Semester lief. Doch noch immer hatte ich die „Last“ des Teilstudienplatzes mit mir herum zu tragen. Diese Unsicherheit ließ mich nicht los, auch, wenn ich erst im ersten Semester war und bis zum Physikum noch etwas Zeit war.  Die Fachschaft Medizin hatte so ca. am Ende des ersten Drittels des Semesters einen Infoabend angeboten, wo sie nur für uns Teilstudienplätzler die Situation noch einmal erklärten und uns unsere Möglichkeiten, an einen Vollplatz zu kommen, aufzeigten. Es war ernüchternd, zu sehen, dass es eine eher geringe Chance gab, in Göttingen zu bleiben und dass ich schon mit einem erneuten Umzug rechnen müsste. Doch es war mir erst einmal egal, denn erstens hatte ich noch keinen Vollplatz und zweitens wollte ich um jeden Preis Ärztin werden.

Irrsinnige Bürokratie und warten…

Kurze Zeit nach dieser Veranstaltung lief auch die Bewerbungsphase für das höhere Fachsemester an. Meine zwei Wochen in den Weihnachtsferien bestanden nur daraus, dass ich mich durch die Uni Seiten geklickt habe und mir aufschrieb, was ich alles an Unterlagen einreichen müsste zu welcher Frist, ob ich mir Dokumente beglaubigen lassen musste oder mir eine „Unbedenklichkeitbescheinigung“ holen musste. Und scheinbar hatte es sich jede Uni zur Aufgabe gemacht, diese Informationen oder die Bewerberportale so weit möglich zu verstecken, sodass man sie erst gar nicht fand. Zwei Wochen und viele geraubte Nerven später, hatte ich meine Datenbank mit den Unterlagen komplett, alle Sachen eingetütet und bereit für die Post. Und dann hieß es warten. Warten auf das, was kommen mochte …

Und es kam!

Zuerst bekam ich eine Reihe von Absagen, was mich ehrlich gesagt nicht wirklich gewundert hat, aber ich gab die Hoffnung nicht auf. Und dann war sie da. Eine Zusage von Leipzig. Wow, eine Zusage! Aber Leipzig war ganz schön weit weg von zu Hause (zu der Zeit konnte man noch direkt nachdem man die Zusage bekommen hatte, tauschen, das ist heute erst nach einem Semester Studium dort möglich). Ich machte mich auf die Suche nach einem Tauschpartner; vielleicht wollte ja jemand aus meinem Semester mit mir tauschen… Fehlanzeige.
Innerlich machte ich mich schon auf meinen Auszug aus Göttingen bereit. Doch ein paar Tage später kam die nächste Zusage aus Oldenburg.

Der Tausch

Oldenburg hat den Modellstudiengang und ich war überrascht, dass dort ein Platz freigeworden war, weil es allgemein dort nur 40 Studienplätze gab. Es war näher dran an zu Hause, aber immer noch unglaublich weit weg. Also suchte ich erneut nach einem Tauschpartner aus meinem Semester … und wurde fündig! Ein Mädchen, was mit mir studierte und aus der Nähe von Oldenburg kam, wollte mit mir tauschen. Und dann ging die Bürokratie erneut los. Man musste mit den Unis kommunizieren, dass man tauschen wollte, dann mussten die Unis ihr Einverständnis geben, man musste sich ex- und wieder immatrikulieren und nebenbei musste meine Tauschpartnerin auch noch umziehen. Kurz gefasst: es waren ein paar sehr anstrengende Tage. Aber es hat sich gelohnt.

Nachdem unser Tausch von beiden Unis eingewilligt wurde, wurde auf meiner Studienbescheinigung die Bemerkung mit „beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt“ weg gestrichen und ich hatte endlich die Sicherheit, die ich mir von Anfang an gewünscht hatte.

Mein Fazit

Heute, fast im 4. Semester, kann ich sagen, dass es die richtige Entscheidung war, noch einmal alles über Board zu schmeißen und ins kalte Wasser zu springen. Die Ungewissheit eines Teilplatzes kann man leider nicht nehmen, aber ich habe mich in die Bewerbungen sehr rein gehangen und mir damit sehr viel Mühe gegeben. Es war schon immer mein Traum, Ärztin zu werden und das habe ich mir immer und immer wieder vor Augen geführt. Und wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Ich bin sehr glücklich darüber, einen Vollplatz bekommen zu haben und würde gern jeden mit einem Teilplatz ermutigen, nicht aufzugeben, sondern sich seine Ziele vor Augen zu führen und zu versuchen, sein best Mögliches zu tun, diese auch zu erreichen.

Viel Glück euch allen!

Bild: pixabay

Über den Autor/die Autorin

Anna W.

Hey, ich bin Anna und studiere Medizin in Göttingen.
Ich schreibe über alles, was mich bewegt oder was mir durch den Kopf geht.
Viel Spaß beim Lesen! ;)

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