Studentenbeiträge

Internet is the Radio Star

Internet is the Radio Star: viele Antike Radios in Regalen
Geschrieben von marcareeen

Warum die Digitalisierung längst nicht das Ende vom Radio ist

1923

Der deutsche Rundfunk geht offiziell an den Start. Das Radio ist das erste One-to-many-Medium in Echtzeit.

1981

Der US-amerikanische Musiksender MTV beginnt sein Programm mit dem Videoclip „Video Killed the Radio Star“. Music Television krempelt die gesamte Musikszene von heute auf morgen um. Auf einmal gibt es Musik nicht mehr nur im Radio, sondern auch im Fernsehen.

2001

Der erste iPod wird vorgestellt, er gilt als „Die Killer-Applikation die das Radio vernichten wird.“

2009

Robbie Williams veröffentlicht sein achtes Studioalbum „Reality Killed the Video Star“. Und die Realität zeigt: das Internet schnürt MTV einen immer engeren Strick um den Hals. Wozu auch bei MTV auf das Lieblingsvideo warten, wenn man es auf YouTube einfach aufrufen und dazu noch rasend schnell neue Musik entdecken kann?

2011

MTV ist nur noch als Bezahlsender empfangbar, das Radio hat eine gleichbleibend hohe Hörerzahl. „Video Killed the Radio Star“.

2014

Nach 13 Jahren wird der Verkauf des ersten iPods offiziell eingestellt. „Die Killer-Applikation die das Radio vernichten wird“.

April 2016

Jan Böhmermann und Oliver Schulz setzen ihre Sendung „Sanft & Sorgfältig“ beim Öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab.

Mai 2016

Jan Böhmermann und Oliver Schulz starten mit ihrem neuen Podcast „Fest & Flauschig“ bei Spotify.

Juni 2016

Amazon sichert sich für vier Jahre die Audio-Streamingrechte von der Deutschen Fußball Liga. Ab der Saison 2017/2018 können wir uns alle 615 Spiele der ersten und zweiten Bundesliga und die des Supercups auf Amazon Prime Music anhören.

März 2016

Auf den Radiodays Europe in Paris wird das weltweit erste Smartphone mit DAB+ vorgestellt. Das neue LG Stylus 2 ist mit einem DAB+ Chipset und einer speziellen App ausgestattet, mit der man direkt digitales Radio hören kann. DAB+ ist eine der Radio-Antworten auf Spotify, Amazon und Co. Mit DAB+ empfangen wir deutlich mehr Sender als mit dem traditionellen UKW, wir können unseren Lieblingssender überall mit hin nehmen, ein und den selben Privatsender in München, Hamburg, Berlin und Köln hören. Garantiert rauschfrei!

Trotzdem ist DAB+ noch weitgehend unbekannt und wird kaum genutzt. Laut dem Digitalisierungsbericht 2015 der Landesmedienanstalten hören zurzeit gut 10 Prozent aller Haushalte in Deutschland Radio über DAB+. Doch die Zahlen steigen. Und DAB+ ist längst nicht die einzige Reaktion der Radioszene. Die Zukunft des Radios ist digital, das ist keine neue Erkenntnis, neu sind Tempo und Radikalität des Wandels. Um im Kampf gegen die On-Demand-Angebote nicht unterzugehen, bieten die Radiosender neben DAB+ noch einige weitere digitale Verbreitungswege an. So können wir dank den IP-Streamingdiensten unseren Lieblingssender auch übers Internet und Apps hören.

Das Radio ist im Internet-Zeitalter zu einem klassischen Non-Fokus-Medium geworden. Eine Entwicklung, die häufig als Mangel angesehen wird, dabei ist es ein großer Vorteil. Weder das Fernsehen, noch Internet und Printmedien können als Zweitmedium funktionieren, da muss man hinsehen, um den Inhalt zu verstehen. Radio hingegen kann uns durch den gesamten Alltag begleiten: morgens beim Frühstücken, im Auto bei der Fahrt zur Arbeit, beim Arbeiten und Abends wieder auf der Rückfahrt. Und genau das machen auch viele von uns: fast 80 Prozent aller Deutschen hören noch immer täglich über drei Stunden Radio. Das Radio hat weiterhin stabile Reichweiten.

It’s all about personality!

Was die Radiosender im Gegensatz zu den internetbasierten Musikabspieldiensten ausmacht, sind Moderatoren mit unverwechselbaren Persönlichkeiten. Diese Ansicht kommt nicht nur aus der Radiobranche. Selbst ein Zeitungsmann wie Frank Dopheide, Geschäftsführer der Tageszeitung Handelsblatt, betont den „Human Factor“: „Eine Persönlichkeitsmarke wirkt fünffach wertsteigernd. Radio Personalities haben wie in kaum einem anderen Massenmedium die Kraft, die höchste Wertstufe der Kommunikation zu erreichen: die Identifikation.“ Die Moderatoren müssen mit ihrer Personality zu einem unverwechselbarem Einschaltfaktor werden. Sie müssen uns als Erzähler Stories erzählen, müssen uns die verwirrende Welt erklären. Radiosender müssen lernen, unberechenbar zu sein, auch mal polarisieren, spontan und persönlich agieren. Der Inhalt ist den meisten Hörern viel wichtiger, als die Technik, als der Empfangsweg. Und auch für die Radiosender macht es keinen Unterschied, wo und wie die Hörer einschalten, Hauptsache sie machen es!

Sich aus der Masse hervorheben

Ein unverwechselbares Programm. Echte Personalities als Moderatoren, gute Musik, spezielle Programmaktionen, direkte Kommunikation mit den Hörern. Das ist es, was für die Radiosender zählt, damit sie auch in Zeiten der Digitalisierung so erfolgreich bleiben. Zudem müssen sie es den Hörern so einfach wie möglich machen, ihr Lieblingsprogramm zu empfangen. Dafür dürfen sie nicht nur auf einen Verbreitungsweg setzen, es darf nicht das Ziel sein, den einen besten Verbreitungsweg zu finden, sondern viele verschiedene Wege zu finden und anzubieten. Der Radiomoderator und -redakteur Jörg Wagner ist seit mehr als 25 Jahren auf Themen zur Digitalisierung der Medien spezialisiert. Auch er betont, dass das personalisierte Radio an Bedeutung gewinnen wird und dass dem Hörer viele verschiedene Verbreitungswege angeboten werden müssen: „Es ist wichtig, alle Wege zu verheiraten!“

Dann wird das älteste aller klassischen Rundfunkmedien auch in den digitalen Zeiten wieder dem Tod von der Schippe springen. Und die Aussichten, dass genau das auch gelingen wird, sind top. Das Radio ist aus unserem Alltag einfach nicht mehr wegzudenken, es informiert und unterhält und bleibt unser Tagesbegleiter Nummer eins. Oder um es kurz und knapp mit den Worten von Jan Delay zu sagen: „Radio gut!“

2024

Jan Böhmermann und Oliver Schulz wechseln wieder zurück zum Radio. Sie setzen ihren Podcast „Fest & Flauschig“ bei Spotify ab und starten die neue Radioshow „zarkhaft und zünftig“. Die Hörerzahlen bei Spotify waren in den letzten Tagen rapide zurück gegangen. Beim Radio werden die neuen Verbreitungswege von DAB+ bis zum Internetstreaming immer besser angenommen. Die Hörerzahlen steigen wieder. Internet is the Radio Star.

Bild: pexels

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marcareeen

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