Studentenbeiträge

Motivation – die große Unbekannte

Motivation die große Unbekannt - Bild eines Joggers auf einer Straße die bis an den Horizont reicht
Geschrieben von Studiblog Staff
Motivation – die große Unbekannte

Jeder kennt die Situation, man sitzt beim Lernen und hat keine Lust, man sollte die Bude säubern und hat keine Lust, man müsste den Kühlschrank befüllen und hat keine Lust, man muss am Montag wieder zur Arbeit oder an die Uni und hat absolut gar keine Lust… .

Da fehlt die Motivation

Woran liegt das? Logisch, werden jetzt viele sagen, da fehlt es eindeutig an der Motivation.

Motivation…, klar – oder doch nicht wirklich so klar? Hat sich überhaupt schon mal jemand, dem es an Motivation fehlt gefragt, an was es ihm da genau fehlt und warum? Oder anders gefragt, WTF ist eigentlich Motivation? Ich vertrete ja die klare Ansicht, dass man nur von Dingen reden sollte, die man verstanden hat, wobei man mit der Einstellung heute auch oft alleine da steht.

Wenn man sich im Netz so umsieht, dann finden sich relativ schnell Angebote zur Abhilfe, wenn es einem an besagter Größe fehlt. Sogenannte und zumeist auch ebenso selbsternannte Motivationstrainer gibt es dort wie Sand am Meer. Das Übermaß an Angeboten in diesem Bereich ist fast so abschreckend, wie der Angebotsflyer eines Discounters.

Motivationstrainer sind NICHT die Antwort

Zoomt man sich an eine kleinere Auswahl dieser Kandidaten näher ran, wird hier auch nicht wirklich über eine Begriffsdefinition gesprochen. Es scheinen immer nur zwei Dinge zu zählen –  welcher dieser Lösungsanbieter pfercht die meisten Opfer in einem Seminarraum zusammen und wer verkauft die meisten seiner proklamierten Weisheiten in Form eines E-Books. Eben ein Geschäftsmodell. Hast du Angst, musst du Versicherung kaufen. Hast du keine Motivation, musst du Seminar besuchen und Buch kaufen… . So oder so ähnlich lassen sich die meisten Motivationsbotschaften zusammenfassen und nur allzuoft basierend auf den einseitigen, persönlichen Erlebnissen der Protagonisten.

Die ganz Schlauen in der Branche prägen zusätzlich noch Sätze wie „Motivation ist vergänglich“. Muss sie ja auch sein, denn wäre sie nicht vergänglich, könnte man nicht ein weiteres Seminar oder ein weiteres Buch zum Thema „Vergänglichkeit der Motivation und wie ich sie neu belebe“ anbieten bzw. verkaufen.

Meine Güte, man lässt sich schon gerne verarschen! Oder ist das nur Dummheit, Trägheit und der Wunsch unsere (Selbst-)Verantwortung an andere abzugeben? Zugegeben, Opfer sind wir alle. Opfer eines kapitalistischen Systems, seinem angepassten Bildungssystem und der parallel laufenden Erziehung unserer Eltern, denen es auch nicht besser erging als uns. Dieses System lebt vom Vergleich, vom Wettbewerb und vom ständigen Wachstum.

Vielleicht sollte man sich bereits an dieser Stelle fragen, ob es nicht mit den täglich wachsenden Anforderungen eines kranken Systems zu tun haben könnte, dass man oft nicht mehr in der Lage ist, die Motivation aufzubringen, selbiges für sich und andere weiter aufrecht zu erhalten. Zeigt uns vielleicht unser Unterbewusstsein auf symptomatischem Weg, dass hier etwas grundlegend falsch läuft? Warum sollten wir uns auch für etwas motivieren, dass ohnehin zu nichts führt, außer Ressourcenverschwendung, das Sammeln von Statussymbolen, Missgunst, Neid, Hass, Krieg etc. ?

Aber bleiben wir bei der Frage was Motivation eigentlich ist?

Bei Wikipedia heißt es:
„Motivation bezeichnet die Gesamtheit aller Motive (Beweggründe), die zur Handlungsbereitschaft führen, das heißt das auf emotionaler und neuronaler Aktivität beruhende Streben des Menschen nach Zielen oder wünschenswerten Zielobjekten. Die Umsetzung von Motiven in Handlungen nennt man Volition oder Umsetzungskompetenz.“

Alles klar soweit? Immer noch nicht?

Es sind also bestimmte Beweggründe, die mich zu einer Handlung treiben und die man in ihrer Summe als Motivation bezeichnet. Wobei es offenbar auch einer sogenannten Umsetzungskompetenz bedarf?!

Am besten versuchen wir uns das jetzt mal anhand eines Beispiels zu verdeutlichen, sonst wird’s entweder zu wissenschaftlich, oder aber zu oberflächlich und wir einigen uns gleich darauf, dass alles was uns glücklich macht das Ziel sein muss und somit Glück (wie auch immer man dies definiert) unsere einzige Motivation ist. Blabla… dann können wir das Ganze hier gleich beenden, wir drehen uns weiter im Kreis und der Artikel ist so sinnvoll wie ein Kropf.

Quelle: Giphy

Beispiel: Entscheidung für ein Studienfach

Gehen wir davon aus, man entscheidet sich für ein Studienfach – was motiviert mich dazu?
Gehen wir zudem davon aus, man macht diese wichtige Entscheidung nicht von Freundin oder Freund abhängig, sondern von halbwegs sinnvollen Beweggründen.

Trifft man also eine Entscheidung für ein Studienfach, ist davon auszugehen, dass dem einher auch ein gewisses Interesse geht, ein Interesse welches man um ein gerüttelt Maß an Wissen erweitern und schlussendlich in einen Job münden lassen möchte, richtig? Im Grunde ein idealer Zustand, der unter Berücksichtigung gewisser natürlicher Einschränkungen, das Hobby zum Beruf erhebt und sind wir mal ehrlich, was will man mehr?

Geht man nun noch einen Schritt weiter zurück, stellen wir fest, uns allen wohnen gewisse Affinitäten, Talente und besagte Grundinteressen inne. Dem einen liegen eher die naturwissenschaftlichen Inhalte, dem anderen eher die geisteswissenschaftlichen Inhalte mit den jeweiligen Unterkategorien. Die Bereiche sind natürlich nie zu 100% voneinander zu trennen, bedingen sich in manchen Teilen sogar, aber es herrscht fast immer ein deutliches „Übergewicht“ auf einer Seite.

Diese Dinge und ihre Ausprägungen haben ihren Ursprung wiederum im Erbgut unserer Eltern, unserer Erziehung, unserer Kultur und dem Umfeld samt seinen Möglichkeiten, in dem wir groß werden. Prägung ist hier ein entscheidendes Stichwort. Diese ist bereits in relativ früher Kindheit in ihren wesentlichen Grundzügen abgeschlossen und definiert einen Großteil unserer weiteren Entwicklung. Leider ist es immer weniger ausgeprägt, dass man Kindern nach ihren tatsächlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten erzieht und bildet, also auf der Prägung aufbaut, sondern vielmehr nach der gerade vorherrschenden Systemrelevanz. Wenn die Industrie sagt, wir brauchen mehr Akademiker, die wir auf Grund ihrer dann vorhandenen Mehrzahl auf dem Arbeitsmarkt günstiger eingekaufen können, kann dann schon mal sowas wie das G8 dabei heraus kommen etc… . Das ist meine Meinung, hierzu gibt es natürlich auch andere.

Das Humankapital und seine Schoko-Lollis

Man formt also das Humankapital wie man es braucht. Man belohnt es mit „Schoko-Lollis“ wenn es brav das tut, was man von ihm erwartet – wie bei kleinen Kindern, die blind und ohne groß nachzudenken vertrauen. Was ist hier die Motivation oder anders gefragt, was sind die Ziele, die man verfolgt außer jeden Tag mehr Schoko-Lollis zu bekommen? Eine eher zweifelhafte Motivation aus meiner Sicht. Das ist keine Motivation, das ist eine auf Belohnung basierende Abhängigkeit. In den meisten Fällen hat diese systemimmanente Abhängigkeit, auch wenig bis gar nichts gemein mit einer eigenen, freien Entscheidung, sondern eher mit einem krankhaften Suchtverhalten.
Was tut man, wenn man eines Tages keine Schoko-Lollis mehr sehen kann oder noch schlimmer, auf kalten Entzug gesetzt wird, was einem Süchtigen durchaus passieren kann?

Extrinsische Motivation

Hier spricht man auch langläufig von der extrinsischen Motivation, die also von externen Faktoren (einfach zusammengefasst) beeinflusst wird und der eigene Antrieb eher untergeordnet oder wie gerade beschrieben, auch fremdbeeinflusst ist. Es bedarf einem hohen Maß an Selbstreflektion, um die eigenen Interessen von externen Interessen, für die wir uns nur zu oft glauben motivieren zu müssen, unterscheiden zu lernen. Nicht selten haben die gewonnenen Erkenntnisse in so einem Prozess, immense und durchaus positive Auswirkungen auf unser Konsumverhalten in all seinen Facetten. Ein Plädoyer für den „freien Willen“ wenn man so möchte, weniger beeinflusst von Industrie und Medien, die alle nur scharf sind auf unsere Arbeitsleistung und unser Geld. Der ewige Teufelskreis.

Intrinsische Motivation

Interessanter ist hier der intrinsische Ansatz, wo überwiegend der eigene Antrieb der Motivation zu Grunde liegt. Der eigene Antrieb kann hier in unterschiedliche Ziele definiert werden wie z.B. Interesse an Involviertheit, Interesse an der Tätigkeit selbst oder auch das Streben nach Selbstbestimmtheit und Kompetenz in einem bestimmten Bereich. Treibt man den Gedankengang ins Extrem, könnte man zu dem Schluss kommen, dass das natürliche Maß an Motivation, das ein Mensch in der Lage ist aufzubringen, rein für seinen Selbsterhalt und dem seines engsten sozialen Umfeldes gedacht ist. Ein Wachstum ist hier nicht vorgesehen.

Kooperation als Weg zur Motivation?

Was die intrinsische Motivation von der extrinsischen im Kern unterscheidet, ist, vor allem in einem kapitalistisch orientieren Wirtschaftssystem, der wirtschaftliche Erfolg – also die Fremdbestimmtheit, die ihre Motivation alleine aus diesem Erfolg zieht bzw. im Bestehen innerhalb des Systems und seiner sozialen Ordnungen sucht. „Alle Not liegt im Vergleich“ heißt es so schön und ohne jetzt ein bestimmtes politisches System bewerben zu wollen, so wäre es wohl am sinnvollsten, dass wir mehr in Kooperation leben würden als im Wettbewerb. Studien haben zudem gezeigt, dass man Mitarbeiter durch Boni, also durch mehr Geld für dieselbe Leistung alles andere als motiviert, eher das Gegenteil ist der Fall – darüber sollte man nachdenken! 😉

Wie man schon innerhalb von Kreativprozessen erleben kann – hier werden natürlich auch wieder teuer bezahlte Coaches eingeladen, weil das Konzept unserem anerzogenen Denken und Handeln grundsätzlich widerspricht – erreicht man mehr in kürzerer Zeit, wenn ein grenzenloser und ungehemmter Ideenaustausch zwischen allen beteiligten Branchen/Parteien/Fachgebieten (wie auch immer) stattfinden kann.

Echtes globales Denken zum Wohle aller?

Stellt man sich das heute global vor, über sämtliche branchenspezifischen, kulturellen und sozialen Barrieren hinweg, dann hätten wir alle Probleme bis hin zur künstlichen Ressourcenverknappung und Krieg gelöst, alleine durch die Tatsache, dass wir mehr mit dem Reden über gemeinsame Ziele beschäftigt wären – aber mal ehrlich, will man das? Wobei die interessante Frage sein muss, wer will es nicht?

Kooperation anstatt gegeneinander zu arbeiten. Was dadurch jeder Einzelne von uns an Energie einsparen könnte, wäre schon gigantisch. Hier entstünde Motivation aus dem positiven Erleben, aus dem gemeinsamen Erfolg heraus. Kooperation bei der jeder nach seinen Kräften für das Wohl der Gemeinschaft agiert, ohne dass es eine Wertung der Einzelleistung gibt. Es ist zudem nicht meine eigene Theorie, dass durch Kooperation ein wesentlich höheres Maß an Fortschritt in allen Bereichen möglich wäre, als in unserer Situation, in welcher wir schon fast mehr mit dem Beobachten des Mitbewerbs und dem Einhalten des gegenseitig auferlegten Regelwerkes eines „fairen Wettbewerbs“ (lächerlichster Begriff aller Zeiten) beschäftigt sind.

Was ist also Motivation?

Aus meiner Sicht stellt Motivation die Summe jener Motive dar, die ich auf Grund der mir grundsätzlich innewohnenden Interessen, Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Lage bin, zu einer für mich und andere gewinnbringenden (erstmal nicht im rein wirtschaftlichen Sinne) Tätigkeit umzusetzen.

Wenn ich mich nun auf Grund meiner Tagesform mal selbst motivieren muss, dann bedarf es dazu keiner Techniken und Listen die ich mir durchlese, es bedarf auch keiner Seminare und Bücher, sondern lediglich der Erinnerung an diejenigen Punkte, die mich auch sonst Freude an meiner Arbeit empfinden lassen. Eines meiner Lieblingszitate dazu lautet: „Wenn wir alle das tun würden, was uns am nächsten ist, was uns Freude bereitet, dann müsste keiner mehr arbeiten.“ Oder anders ausgedrückt, mach das Hobby zum Beruf, ungeachtet der finanziellen Aussichten. Du wirst mit Ansage glücklicher sein als dein Nachbar, der vielleicht das dreifache verdient, aber jeden Tag mit einer mieseren Miene in die Arbeit geht und seinen Frust am Abend an der Frau und den Kindern auslässt.

Motivation ist somit keine Frage des Trainings, sondern der Ehrlichkeit zu sich selbst und dem Erkennen und Fördern dessen, was ich dabei entdecke, egal ob in sozialer oder beruflicher Hinsicht.

Tu was du willst, aber nicht auf Kosten anderer, sondern für andere!

Überträgt man diese Erkenntnis nun auf das anfangs genannte Beispiel, der Wahl eines Studienfaches, sollte die Handlungsempfehlung relativ klar sein, oder? Entscheidet euch nach euren Fähigkeiten und dem, was euch Freude bereitet. Verabschiedet euch auch vom Gedanken, unbedingt studieren zu müssen! Wer sagt das? Seid flexibel und redet euch nicht ein, dass ihr einen Job ein Leben lang ausüben müsst, dem ist ebenfalls nicht so.

Sorgt jedoch stets für ein breites Spektrum an Grundhandwerkszeug sowie das Interesse und die Offenheit für alles und jeden! Wenn du BWL studieren willst, dann tu es, wenn du 10 Jahre später in Griechenland Schafe hüten möchtest, dann wirst du auch dazu einen Weg finden!

Auch ich bin eines Tages zu meinem Kommilitonen ins Wohnheim gekommen, kurz vor den Semesterferien und hab ihn beim Abendessen gefragt: „sag mal, studierst du eigentlich das was dir Spaß macht und wenn ja, woher weißt du das?“. Nachdem er die Frage ausführlich und mit „ja“ beantwortet hatte, folgte lediglich meine Gegenfrage: „und warum tu´ ich das dann nicht?“ – dicht gefolgt von meiner Exmatrikulation an der juristischen Fakultät.

Es wird dir niemand auf dieser Welt die Sicherheit geben, die du suchst, außer du findest sie in dem was dir Freude bereitet. Freude erzeugt Einsatzbereitschaft, welche zwangsläufig zu Erfolgserlebnissen führen wird. Erfolgserlebnisse wiederum führen zu einer authentischen Ausstrahlung und dem dazu stehen können was man tut. Der Wille darin weiter zu machen wächst automatisch, auch durch die Bestätigung von außen. Die positiven und auch weniger positiven Erfahrungen, die man dabei sammelt, werden zu der Kompetenz, die man in der Lage ist, an andere weiterzugeben und durch die man sie ehrlich und echt motivieren kann.

Fazit zum Thema Motivation

Suche Motivation nicht in Phrasen, suche sie im Erleben. Wenn du dich mehr als einmal in der Woche dazu motivieren musst, Dinge deines Studienfachs zu lernen oder dafür, in die Vorlesung zu gehen, dann solltest du zwei mögliche Lösungswege in Betracht ziehen:

  1. Suche dir echtes Erleben in diesen Bereichen und zwar so viel als möglich
  2. und entscheide dich dann, ob du das Studium weiteführen wirst oder ob ein Abbruch oder Wechsel sinnvoller wären.

Hier sei angemerkt, dass wir das System so einfach nicht ändern können, also müssen wir uns seiner demotivierenden Aspekte stellen, sie entlarven und sie nach Möglichkeit umschiffen.

Eine kurze Anregung zum Schluss. Wäre ich für die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen verantwortlich, würde ich bereits von Kindesbeinen an für das Prinzip der Kooperation sorgen und somit grundlegende soziale Kompetenz fördern. Ich würde so früh wie möglich Wege schaffen, Kindern die Welt der echten und greifbaren Erfahrungen, des echten Erlebens zu öffnen, in die echte Welt, in echte Arbeits- und Interessenumfelder. Ich würde sie nicht verblöden lassen, indem sie stupides Halbwissen Dritter auswendig lernen und sich während des Wiederkäuens auch noch in Wettstreit zueinander setzen müssen. Dafür ist das Potential eines jeden Einzelnen zu wertvoll.

Interessantes Beispiel einer Schule in England!

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Quelle: Galileo

 

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