Studentenbeiträge

Zu hübsch um schlau zu sein – Oberflächlichkeit lässt grüßen

Stimmen die Klischees zur Schönheit gleich Dummheit und Hässlichkeit gleich Intelligenz?
Geschrieben von Bienchen

Vorweg: Nein, das wird kein selbstverliebter Artikel über Schönheit und Intelligenz und wie viel Verantwortung es ist mit beidem umgehen zu müssen.

Aber mal im Ernst. Was ist schon schön und intelligent und wieso scheint es so abartig zu sein beide Attribute sein nennen zu können?

Beides sind irgendwie sehr abstrakte Begriffe, deren Skalierung mir persönlich schwer fällt und die man oft nur über Vergleiche definieren kann. Wie schon Albert Einstein sagte: „Jeder ist ein Genie! Aber wenn Du einen Fisch danach beurteilst, ob er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, dass er dumm ist.“
Und Einstein musste es wissen, er war ja schließlich einer der hellsten Köpfe überhaupt.

Was ist Intelligenz?

Intelligenz ist ein Überbegriff für die kognitive Leistungsfähigkeit, also das Erkennen und Verarbeiten von Informationen. Es gibt verschiedene Ansätze Intelligenz zu definieren und zu betrachten. In der differentiellen Psychologie wird sie überraschenderweise nicht als die Summe aus Denkvermögen, Logik, Auffassungsgabe, Urteilsvermögen…etc. eingestuft, sondern als ein abstraktes eigenständiges Konstrukt, welches es von anderen Konstrukten wie Kreativität abzugrenzen gilt. Es ist also schon mal gar nicht so einfach Intelligenz auf psychologischer und! biologischer Ebene zu definieren, dennoch hat der Mensch es sich zur Aufgabe gemacht Intelligenz zu testen und zu vergleichen.

Das ganze läuft über IQ Tests, die dir am Ende eine Zahl ausspucken, welche dich dann in deiner kognitiven Leistungsfähigkeit definieren und einordnen soll. Nun stehen eben auch diese Tests in der Kritik, weil Intelligenz nicht statisch, sondern von außen (bis zu einem gewissen Maß) beeinflussbar ist und diese Tests so oder so nur mäßig aussagekräftig sind.
Intelligenz ist also ein schönes, schwer definierbares Konstrukt, dass wohl jedem gegeben ist, aber in vergleichbar unterschiedlicher Menge.

Der Mensch sucht nach Mustern und so ist es nur verständlich, dass besonders intelligenten Menschen bestimmte Eigenarten, Eigenschaften und Verhaltensweisen zugeordnet werden. Dazu zählen beispielsweise differenziertes Denk- und Problemlösungsverhalten. Interessanterweise gehört Schönheit nicht zu den Attributen, die man mit intelligenten Menschen in Verbindung bringt.
Überraschung!

Vielleicht liegt es daran, das diese beiden Sachen nicht korrelieren? Wieso sollten alle schlauen Menschen auch besonders hübsch sein oder umgekehrt „hässlich“? Dann müssten ja logischerweise auch alle Menschen mit Spinnenphobie blonde Haare haben…um nur eines von beliebig vielen absurden Beispielen zu nennen.

Aber wieso werden schöne Menschen häufig als dümmer eingeschätzt?

Was ist Schönheit?

Zunächst, ich beziehe mich rein oberflächlich auf das äußere Erscheinungsbild, ein toller Charakter sei dir gegönnt, aber hübsch, rein ästhetisch, macht er dich deswegen noch lange nicht. Jetzt werden natürlich wieder die kritischen Stimmen laut, die mit erhobenen Zeigefinger betonen, dass Schönheit im Auge des Betrachters läge. Mittelt man jedoch alle Augen, jeglicher Betrachter, so wird man im Durchschnitt ein gewisses Schönheitsideal finden. Das heißt nicht automatisch, dass jeder der sich in der Streuung befindet (um beim mathematischen Modell zu bleiben) automatisch hässlich ist, nur, dass er von der Normvorstellung abweicht, was für manche anziehend, für manche abstoßend ist und auch dann wieder davon abhängt, ob man positive oder negative Varianzen zeigt (so viele, so bewertende Worte)

Und da wären wir wieder bei der Relativierung von Schönheit. Es geht immer darum zu vergleichen, weil der Mensch das gerne tut und sich so seine absolute Meinung bildet. Auch wenn es nun keine absolute Schönheit gibt, gibt es dennoch Forschung, die sich mit der Schönheit befasst. Man geht zum einen davon aus, dass Schönheitsideale kulturell und gesellschaftlich geprägt sind, zum anderen scheint es genetische Komponenten unserer Wahrnehmung von Schönheit zu geben. Als schön wird angesehen, was evolutionär von Vorteil sein könnte.

Auch mit Schönheit werden bestimmte Attribute in Verbindung gebracht. Dazu gehören zum Beispiel Arroganz und Oberflächlichkeit. Ich denke es ist an dieser Stelle überflüssig zu erwähnen, dass nicht alle schönen Menschen eingebildet und oberflächlich sind, genauso wie nicht alle intelligenten Menschen eine gesunde Selbstreflexion aufbringen können. Im Grunde sind beide Eigenschaften, sowohl positiv als auch negativ bewertbar, weil Schönheit und Intelligenz nicht immer nur von Vorteil sind und es oftmals gerade die Vertreter der Extrema dieser Attribute sind, die an sich selbst zugrunde gehen.

Wieso scheinen sich diese beiden Eigenschaften aber auszuschließen und zwar besonders bei Frauen?

Dies ist eine gesellschaftlich hoch interessante Frage, die ich jedoch nicht in der Lage bin zu beantworten. Zumindest nicht in dem Maße, als dass ich ihr gerecht werden könnte.

Als einer von vermutlich vielen Ansätzen, um diese hoch interessante Frage zu beantworten fällt mir als angehende Biologin Evolution ein. Evolution ist was den Menschen, ja was das Leben an sich angeht, eine immer wieder gern genommene Begründung. Evolution ist ein komplexer Mechanismus, der von mehr als nur den Umweltfaktoren und der Partnerwahl abhängt. Für die Beantwortung der obigen Frage, sind diese beiden Faktoren aber zunächst ausreichend.

Schon Darwin postulierte bildungssprachlich, von so manchem Bartträger missverstanden, seine Theorie von „Survival of the fittest“. Das bedeutet um es ganz einfach auszudrücken: Wer am besten angepasst ist, überlebt eher, hat eher die Chance sich fortzupflanzen und wird so seine Gene an die nächste Generation weitergeben. Evolutionsbiologen würden mich für diese Aussage vermutlich steinigen, da sie viel zu vereinfacht ist, aber da das hier kein Studium zum Thema Evolution werden soll, soll uns diese Aussage genügen.

Was heißt jetzt nun am besten angepasst? Wieder so eine Frage, mit der man im Grunde nur ins Fettnäpfchen treten kann, weil Diskriminierung und so.

E.coli, Godzilla und die Evolution

Deshalb lagere ich die Frage auf Mikroorganismen aus. Die empören sich in geringerem Maße über ihre Diskriminierung. Mikroorganismen wie E.coli haben eine viel kürzere Generationszeit (in diesem Fall 20min) als Menschen, und somit kann man Evolution eher beobachten, weil sich ein Merkmal über die Zeit schneller manifestieren wird. Sagen wir wir kultivieren E.coli bei optimalen Bedingungen, schön kuschelig warm und mit ausreichend Snacks, werden wir bis zur Sättigung ein exponentielles Wachstum messen können. Ist äußert langweilig zu beobachten, also spielen wir Godzilla, zerstören die Traumwelt der E.coli und geben ein Antibiotikum dazu.

Bäm Massenvernichtungswaffe.

Durch Zufall hat aber eine E.coli Zelle irgendwie durch Mutation eine Resistenz gegen dieses Antibiotikum entwickelt (das hatte ihr bisher nur nichts gebracht und sie wurde von den anderen E.colis gemobbt, weil sie etwas Kleinwüchsig war) und überlebt. Über die psychischen Auswirkungen seinen Kollegen beim Sterben zusehen zu müssen, wollen wir gar nicht sprechen, aber diese einsame E.coli Zelle hat überlebt. Nach 20 Minuten haben wir schon zwei E.colis mit einem Gen für Antibiotikaresistenz. Nach 40 Minuten 4 Zellen usw. So setzt sich das vorteilsbringende Merkmal in den nächsten Generationen durch, zumindest so lange bis kein Antibiotikum mehr da ist, denn ohne Antibiotikum haben diese Zellen wieder einen Wachstumsnachteil. Ja und wie durch ein Wunder sind auf einmal wieder „normale“ E.colis da (das beobachtet man in der Entwicklungsgeschichte tatsächlich immer mal wieder), die jetzt wieder einen Selektionsvorteil besitzen, weil sie ohne Antibiotikum schneller wachsen.

Quelle: Giphy

Die Evolution gibt und nimmt.

So viel zum Crashkurs Evolution für Dummies. Man sieht aber denke ich, dass „am besten angepasst“ stark von den Umweltfaktoren abhängt und in welchem Maße man sie sich zu Nutzen machen kann.

Gedankenexperiment Steinzeit-Frau

Jetzt brechen wir das ganze Mal auf ein aberwitziges Steinzeitbeispiel der Menschheit runter. Man stelle sich eine Gruppe Steinzeitmenschen vor. Egal welches Szenario wir nachfolgend durchspielen, es wird durch Zufall immer ein Mann und mindestens eine Frau überleben. Frau A ist wunderschön, hat ein bomben Körper und trägt einen heißen Fellbikini. Frau B ist durchschnittlich attraktiv, ist jedoch eine helle Leuchte, ja sie hat das Feuer entdeckt und somit die Grundsteine der Überlegenheit des Menschen gelegt. Dann haben wir noch Frau C. Frau C ist wunderschön und intelligent.

Unter normalen Umweltbedingungen, es ist kuschelig warm, es sind genügend Snacks vorhanden und es herrscht auch ansonsten kein außergewöhnlicher Selektionsdruck, entscheidet sich der steinzeitliche Mann entweder für Frau A, die Schönheit oder Frau C, die zusätzlich noch intelligent ist, was aber hierin unserem Experiment kein Selektionskriterium darstellt. Sagen wir es tritt wie oben eine Godzilla-ähnliche Katastrophe auf. Die Gruppe wird von Säbelzahntigern angefallen. Frau A, um auch alle Klischees auszureizen, ist gerade damit beschäftigt sich die Haare zu flechten, wird zerfleischt.

Die intelligenten Frauen B und C haben sich rechtzeitig versteckt und bleiben übrig. Die Tatsache, dass C auch noch hübsch ist, war hier jedoch kein Erfolgskriterium. Dem Säbelzahntiger ist das völlig egal. Wenn man jetzt davon ausgeht, dass der Mann mit jeder der überlebenden Frauen Nachkommen zeugt, Monogamie ist nämlich auch so eine moderne Erfindung, dann kommt Frau C, mit Intelligenz und Schönheit, in unserem Gedankenexperiment statisch gesehen öfter zum Zug. Sie ist also im Durchschnitt besser anpassungsfähig und hat somit einen Selektionsvorteil. Wenn das eine Kriterium nicht greift, dann halt das andere.

Quelle: Giphy

Wie schön für sie, wie gemein den anderen Frauen gegenüber.

Natürlich gibt es mehr als diese beiden Merkmale, welche zur Selektion beitragen. Aber diese beiden vertreten nun mal die Extrema von Körper und Geist, ja und auf die Biologie runter gebrochen bleibt ja nicht mehr viel übrig um einen potenziellen Partner zu bewerten, vorausgesetzt man sucht sich seinen Partner nicht per Gentest.

Sympathie und Konkurrenzdenken

Jetzt könnte man natürlich sagen, bringt einem in der Uni, beim Bewerbungsgespräch etc. ja auch nichts hübsch zu sein, der Inhalt der Prüfung muss trotzdem stimmen. Ja, zum Glück ist das so.
Aber, Dozenten und Arbeitgeber sind auch nur Menschen. Man hat schon irgendwie den Eindruck, dass ästhetisch ansprechende Menschen bessere Noten bei gleichem Inhalt bekommen. Wieso? Auch wenn der Prüfer eigentlich zu Objektivität verpflichtet ist, nimmt er eine Präsentation oder mündliche Prüfung trotzdem subjektiv, wenn auch nicht immer bewusst, wahr. Ist ihm sein gegenüber sympathisch? Hat es vielleicht ein schönes Lächeln oder große braune Kulleraugen? Dann wird die Prüfung vielleicht insgesamt positiver wahrgenommen und bewertet. Darauf hat weder der Prüfling noch der Prüfer oder der Arbeitgeber beim Einstellungsgespräch Einfluss. Wir bewerten unser Gegenüber immer danach, ob es uns sympathisch ist, ob wir wollen oder nicht und ein hübsches Gesicht schaut man sich in der Regel lieber an als ein entstelltes. So weit, so oberflächlich.

Wieso wird nun aber hübschen Menschen, besonders Frauen, oft unterstellt sich hochgeschlafen zu haben?
Wieso wird Ihnen ihre gute Prüfungsleistung aberkannt, indem man unterstellt, Diejenige hätte „mündliche“ Prüfung anders interpretiert?

Die Antwort ist genauso simpel wie traurig: Sie stellen eine Bedrohung dar.

Die meisten Menschen schätzen sich selbst als mehr oder weniger durchschnittlich intelligent und gutaussehend ein. Wenn nun jemand subjektiv besser aussieht und dann auch noch eine bessere Note bekommt(schließt man von guten Noten auf Intelligenz), hat er so gesehen Selektionsvorteile und ist demnach eine Bedrohung für den eigenen Reproduktionserfolg, zumindest wenn man es so steinzeitlich und aus Sicht einer Frau betrachtet. Die Bedrohung liegt dabei weniger in der Intelligenz, sondern im guten Aussehen der Konkurrentin.

Doch auch aus Sicht eines Mannes ist eine intelligente, hübsche Frau eine Bedrohung. Zumindest für viele Männer. Eigentlich, so dürfte man meinen, könnte sich Mann glücklich schätzen eine so starke Frau um sich herum zu haben. Aber leider ist in vielen Köpfen nach wie vor das Geschlechterdenken vorhanden, nach dem Männer das starke Geschlecht und Frauen vom starken Geschlecht abhängig sein sollten, sind, waren… wie auch immer. Viele Männer fühlen sich dann in ihrer Alpharolle (die oftmals irgendwo ganz tief verankert nur darauf wartet chauvinistisch in den Vordergrund zu treten) bedroht. Interessanterweise, liegt die wahrgenommene Bedrohung meist nicht im Aussehen, sondern in der Intelligenz der Frau.

Hier seien Experimente mit Brillen erwähnt, die die Augenbewegungen ihres Trägers verfolgen. Sowohl Frauen als auch Männer bekamen diese Brillen aufgesetzt und wurden in die Fußgängerzone geschickt. Ihre Augenbewegungen wurden protokolliert und anschließend festgestellt, dass Frauen eher andere Frauen wahrnehmen als Männer. Frauen also ein ausgeprägtes Konkurrenzdenken an den Tag legen, während Männer eher ein Räuber-Beute-Verhalten aufzeigten und auf Frauen, sowie auf Konkurrenten achteten. Diese Verhaltensweisen scheinen also tiefer in uns verankert als zunächst gedacht.

Fazit

Abschließend lässt sich sagen, dass unsere Biologie, verankerte Verhaltensmechanismen und scheinbar veraltete gesellschaftliche Konventionen zu eben solchen oftmals für die betroffenen Personen doch verletzenden Vorurteilen führen. Wenn also schon der einzelne Aspekt Intelligenz oder Aussehen zu geschlechterspezifischem Konkurrenzdenken führt, dann ist es nicht verwunderlich, dass Frauen die von beidem Attributen genug abbekommen haben “viel zu hübsch sind, um schlau zu sein“.

Über den Autor/die Autorin

Bienchen

Eine Seele mit Hirn auf der Suche nach dem großen Ganzen und dem Sinn hinter scheinbar unwichtigen Kleinigkeiten.

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