Studentenleben

Noch ein blöder Corona-Artikel – Angst?!

Eine Person reißt den letzten Fetzen Klopapier von einer Klopapierrolle - Angst vor der Menschheit im Zuge der Corona-Krise.
Geschrieben von Anna W.

20.03.2020

So langsam reicht es mir wirklich. Wir wissen alle, dass #Covid-19 in voller Munde ist und wir haben alle mehr oder weniger Angst vor dem, was kommen wird.

ABER!

So geht es nicht weiter, liebe Leute!

Ich war heute morgen in der einzigen Drogerie bei uns im Ort und wollte ein paar Sachen für den alltäglichen Gebrauch besorgen. Zusätzlich wollte ich auch noch ein besonderes Waschmittel haben, da wir vor ein paar Tagen einen Schwelbrand im Haus hatten und es dementsprechend zu Hause roch.

Allein der Eingang der Drogerie verriet es mir: Die Leute haben ihr Gehirn offenbar mit den Massen an Klopapier, die sie gehortet haben, in der Toilette heruntergespült. Es war brechend voll (und der Markt hatte gerade mal 45 Minuten geöffnet). An normale bezahlbare Seife war gar nicht mehr zu kommen. In der Abteilung für WC-Artikel herrschte in den Regalen gähnende Leere, obwohl mir eine Angestellte dort versichert hat, dass sie heute morgen kurz vor der Öffnung der Filiale alle aufgefüllt hätten.

Aber davor standen Unmengen von älteren Leuten und Rentnern (sollten nicht gerade die Personen die sogenannte „Risikogruppe“ sein?!). Und mittendrin zwei betagte Herren, die beide sicherlich schon jenseits der 75 Jahre waren, dicht gedrängt, wild am gestikulieren und sich gegenseitig anmeckernd. Ich hab gedacht, vielleicht hat der eine den anderen unhöflich angerempelt und sich nicht entschuldigt (bei der Masse von Menschen hier ja nicht ganz unwahrscheinlich – falsch gedacht).

Die zwei haben sich gestritten …. um Toilettenpapier … die letzte Packung … Wenn niemand dazwischen gegangen wäre, hätten die sich bestimmt geprügelt. Da bin ich mir fast sicher.

Da war ich heute Morgen schon zum ersten Mal traurig

Aber ich wollte den ekelhaften Brandgeruch aus all meinen Gardinen, Handtüchern und Kleidungsstücken bekommen und dazu brauchte ich dieses eine bestimmte Waschmittel. Tja, zu früh gefreut. Vor mir war eine Frau, die sich scheinbar mit all den Waschmittelkartons ein Haus bauen wollte. Das Regal war komplett leer. Eigentlich wollte ich sie ansprechen, aber sie hatte den Blick à la „Sprich mich an und ich reiße dir den Kopf ab!“ drauf – da war mir mein Kopf doch zu lieb für. Also sprach ich die nächste Angestellte an, ob sie noch etwas von besagtem Waschmittel hätten oder wann ich damit rechnen könnte, es erneut zu bekommen. Sie antwortete mir wie eine Ansage auf dem Anrufbeantworter: „Toilettenpapier bekommen Sie morgen wieder!“ Bitte? Ich wollte doch gar kein Toilettenpapier? Ehe ich den Satz richtig begriffen hatte, war sie weg.

Puh, ich glaube, ich werde noch wochenlang nach Brandgeruch riechen, wenn mir nicht bald etwas einfällt.

Neben mir eine Stimme: „Entschuldigen Sie, ich komm hier nicht durch.“ Ich hatte wohl, in meinen Gedanken versunken, den gesamten Gang versperrt und neben mir stand eine ältere Dame mit ihrem Rollator. Aber sie hatte genau dieses Waschmittel in ihrem Korb, was ich suchte.

Ich sprach sie an: „Entschuldigung, aber wo haben sie dieses Waschmittel her? Ich suche schon die ganze Zeit danach, weil es Eines der Wenigen ist, das Brandgeruch entfernt.“ Ich erzählte ihr, was bei uns die Tage vorher los gewesen war (keine Ahnung wieso, sie wollte sich bestimmt nicht anhören, wie verraucht unser Haus gewesen war). Sie sagte, dass sie schon eine Weile hier war und vorhin noch genug da gewesen sei. (Tja, Pech gehabt, einfach zu spät da gewesen.)

„Aber“, kam von ihr: „Sie können nebenan mal in den Discounter gehen. Da haben sie zwar nicht dieses Waschmittel, aber da gibt es auch eins, was Brandgeruch gut raus wäscht.“ Ich war ganz baff. Diese ältere Dame hatte ganz sicher schon den ein oder anderen ekeligen Geruch raus gewaschen und hatte bestimmt Recht. Ich bedankte mich ganz herzlich und verließ schnell den Laden. Irgendwie waren in der Zwischenzeit noch mehr Leute rein gekommen. Von „Sicherheitsabstand“ und „social distancing“ war hier nichts zu sehen…

Und nun sitze ich hier mit meiner Angst

Unten waschen meine Vorhänge, ich tippe meine Zeilen und denke über diesen Morgen nach:

Mal ganz ehrlich, sind denn alle verrückt geworden? Seit wann ist es cool, egoistisch zu sein? Vor nicht allzu langer Zeit ist die Jugend vereint auf die Straßen gegangen für das Klima und wo ist sie jetzt? Jetzt brauchen wir wirklich Hilfe und Leute auf die man sich verlassen kann. Jetzt sehe ich die Jugendlichen nur zusammen rumhängen, weil die Schulen geschlossen sind. Kaum jemand hier ist bereit einen Schritt zurück zu treten, damit vielleicht auch andere noch etwas abbekommen. Es ist scheinbar cool, einen Wettbewerb daraus zu machen, wer am besten Bunkern kann und den Mist dann auch noch auf Instagram und Co. zu stellen.

Vor ein paar Tagen haben Nachbarn von mir noch eine ausgiebige Grillparty gefeiert – ob das so sein sollte, soll jeder selbst beurteilen. Aber mal ganz ehrlich, wer möchte Schuld sein, dass wegen der eigenen Bequemlichkeiten, die Großeltern krank geworden sind oder womöglich sterben?

Ich könnte das nicht.

Aber gerade dieses Verhalten macht es auch den Helden dieser Zeit (den freiwilligen Helfern und allen Unterstützern) so schwierig. Wie soll man denn für sich selbst und für die Oma einkaufen gehen, wenn das Toilettenpapier auf 1  Packung pro Person begrenzt ist? Wie kann ich denn zeigen, dass ich wirklich nicht horte, wie blöd, sondern die Sachen für meine Großeltern, die vor Angst nicht mehr raus gehen, brauche? Um ehrlich zu sein, bin ich dann zwei mal in das Geschäft gegangen, was bestimmt viele andere auch so machen. Aber ich habe mich wie eine Kriminelle gefühlt. Und ganz ehrlich:

So will ich nicht weiter machen!

Mal eben eine Lösung aus dem Hut zu zaubern ist vermutlich genauso wenig realisierbar, wie der Weltfrieden. Aber ich kann es immer nur wieder und wieder sagen:

  • Wenn jeder an seinen Mitmenschen nebenan denkt, dann ist an alle gedacht!
    Stellt euch vor, dass eure Oma oder euer Opa oder eure Eltern dort im Supermarkt vor leeren Regalen stehen und verzweifeln, weil sie keine großen Vorräte haben. (Und jetzt kommt mir nicht mit: „Wer nicht hamstert, ist dumm!“ Es ist genau anders herum: Wer in größten Mengen hamstert, ist dumm und egoistisch!)
  • Wir sind doch alle eine Gemeinschaft. Jeder hat ungefähr die gleichen Sorgen und fühlt sich allein mit seinen Gedanken. Schon mal darüber nachgedacht, da einfach mal drüber zu reden? Es gibt Telefon, Internet, WhatsApp, Skype und weiß der Teufel was noch. Und zur Not gibt es das gute alte Offline-Gespräch (in der heutigen Zeit natürlich mit Sicherheitsabstand).
  • Tut das, was euch gut tut, aber bitte nicht in größeren Gruppen. Die einen entspannen sich vielleicht besser in der Badewanne, die anderen brauchen ein gutes Workout zu Hause, wieder andere entspannen sich bei der Gartenarbeit. Es gibt nicht DEN Weg, es gibt nur einen Weg von vielen.
  • Bitte habt ein bisschen Geduld. Ihr könnt nicht erwarten, dass in Zeiten von Corona jeder Arzt für euch Zeit hat. Bitte kommt nicht nach dem ersten erfolglosen Anruf in eine Praxis oder gar Notaufnahme und besteht da auf sofortige Behandlung. Stellt euch mal vor, ihr habt wirklich Corona und noch gar keine Symptome. Alle dort anwesenden Leute müssen dann zu Hause bleiben und hoffen, nicht krank zu werden. Die Praxis muss dann erst mal geschlossen werden. Mindestens für zwei Wochen. Das hilft keinem und vor allem niemandem in den ländlichen Gebieten, die eh schon unter dem Hausärztemangel leiden.
  • Wenn ihr etwas tut, bitte denkt erst darüber nach und handelt dann. Niemand hat jemals etwas Gutes gemacht, indem er blindlings in die „Schlacht“ gelaufen ist.

Alle haben Angst vor Corona und dem, was kommen wird

Ich habe Angst vor dem was ist und immer war und in solchen Zeiten aus der Menschheit herausbricht. Corona wird kommen und wir werden uns alle einschränken müssen, aber es wird auch wieder gehen, aber das, was in den Köpfen der meisten Menschen hier vorgeht, wird bleiben und irgendwann wieder herausbrechen.

Liebe Leute, ich habe Respekt vor Corona, aber ich habe Angst vor euch!

https://studiblog.net/2020/03/08/corona-virus-symptome-biologie/

https://studiblog.net/2019/11/13/witze-studenten-lustig/

Über den Autor/die Autorin

Anna W.

Hey, ich bin Anna und studiere Medizin in Göttingen.
Ich schreibe über alles, was mich bewegt oder was mir durch den Kopf geht.
Viel Spaß beim Lesen! ;)

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